VIRTUELLES WASSER
Das Konzept des virtuellen Wassers berücksichtigt die Menge an Wasser, die während des Produktionsprozesses eines Guts anfällt. Beispielsweise besteht eine Jeans physisch kaum aus Wasser. Die Baumwollpflanze jedoch, aus der die Jeans besteht, braucht äusserst viel Wasser, weshalb der Produktionsprozess der Jeans entsprechend viel Wasser verbraucht. Dazu kommt der Wasserverbrauch des Herstellers, des Detailhändlers und des Endverbrauchers. In vielen Fällen wird Wasser bei den einzelnen Prozessen verschmutzt.
Beispiele von virtuellem Wasser
1 kg Baumwolle = 10'000 l Wasser
1 kg Rindfleisch = 15'400 l Wasser
1 kg Tomaten = 214 l Wasser
1 Tasse Kaffee = 140 l Wasser
1 Computer = 20'000 l Wasser
1 l Flaschenwasser = 4 l Wasser
Anwendungen
Die Quantifizierung von virtuellem Wasser ermöglicht präzise und praktische Anwendungen. Sie macht Berechnungen zu globalen Strömen von virtuellem Wasser in Zusammenhang mit dem internationalen Warenhandel möglich. Dadurch gelingt es, Konsequenzen des globalen Handels auf lokale Wassersysteme besser zu verstehen und nötige Massnahmen zu ergreifen.
Die Weltbank schätzt, dass 20 % der globalen industriellen Wasserverschmutzungen auf das Färben und sonstige Behandlungen von Textilien zurückzuführen sind.
Globaler Wasserverbrauch nach Sektoren
Mit Abstand am meisten Wasser verbraucht die Landwirtschaft. Darunter fällt die Herstellung von pflanzlichen und tierischen Produkten. Durchschnittlich 70 % der globalen Wassernutzung entfallen auf die Bewässerung, 22 % auf die Industrie und nur 8 % auf private Haushalte. Ebenso ist die Landwirtschaft einer der Hauptverursacher von Wasserverschmutzung durch übermässigen Eintrag von Nährstoffen, Nitrat oder Pestiziden in Grund- und Oberflächengewässer.
Der weitaus grösste Teil des Wasserverbrauchs geschieht – für uns meist unsichtbar – ausserhalb unserer Haushalte bei der Produktion von Gütern. Als Konsument*innen können wir aber auch hier Einfluss nehmen.
Die Schweiz: das Wasserschloss Europas
Die Schweiz weist enorm hohe Wasserressourcen auf. Innerhalb der verhältnismässig kleinen Landfläche lagern 5 % der Wasserressourcen Europas. Gletscher, Seen und Grundwasser speichern grosse Volumen an zugänglichem Süsswasser, die geographische Lage bringt ausreichend Niederschläge mit sich. So hat die Schweiz heute das Privileg, den internen Wasserfussabdruck problemlos abzudecken. Doch macht dies nur einen kleinen Teil unseres gesamten Wasserfussabdrucks aus.
Die Schweiz: ein Wasserimport-Land
Abgesehen von Wasser besitzt die Schweiz vergleichsweise wenig natürliche Ressourcen. Um den Konsumbedarf abzudecken, importiert sie deshalb Güter aus aller Welt. Im Jahr 2015 bezifferte sich die Importbilanz auf 52 Millionen Tonnen Waren im Wert von CHF 244 Milliarden. In vielen dieser Güter steckt enorm viel Wasser. Deshalb ist die Schweiz trotz grossen Wasserressourcen ein Wasserimport-Land: Rund 80 % unseres Wasserfussabdrucks entsteht im Ausland. Und dieser wächst mit zunehmender Globalisierung rapide an. So nahm der Wasserfussabdruck der in der Schweiz konsumierten Güter zwischen 1996 und 2011 um 60 % zu.
Viele Güter stammen aus Regionen mit physischer oder wirtschaftlicher Wasserknappheit. Somit verschärfen wir mit unserem Konsum und Lebensstandard den Zustand lokaler Wasserressourcen und -qualitäten rund um die Welt.
Die Schweiz trägt indirekt zu sinkenden Grundwasserspiegeln oder der Wasserverschmutzung in Ländern bei, die Handelspartner der Schweiz sind.
ARTEN DES WASSERVERBRAUCHS
Um die Auswirkungen der Produktion von Gütern auf die lokalen Wasserressourcen und Wasserqualität anzugeben, reicht das reine Volumen nicht aus. Viel wichtiger sind die Art des Wasserverbrauchs und das Verhältnis von Bedarf zu natürlich vorhandenen Wasserressourcen. Man unterscheidet deshalb drei Arten des Wasserverbrauchs.
Folgen des Wasserverbrauchs
Von Bedeutung sind insbesondere das blaue und das graue Wasser, da diese bei Übernutzung oder mangelhaftem Umgang die grössten Auswirkungen auf das regionale Wasser- und Ökosystem haben. Übersteigt die Nutzung von blauem Wasser, also See-, Fluss- und Grundwasser, den natürlichen Rückfluss, sinken die Gewässerspiegel ab. Dies belastet nicht nur das lokale Ökosystem, sondern führt aufgrund der Nutzung von blauem Wasser als Trinkwasserquelle zu Wasserknappheit für AnwohnerInnen. Es kommt zu Verteilungsschwierigkeiten, wovon meist die ärmste Bevölkerung betroffen ist. Genauso problematisch ist graues Wasser. Der Eintrag von verschmutztem, meist unbehandeltem Wasser in die Natur belastet lokale Ökosysteme enorm.
Blaues und graues Wasser sind die folgenreichsten Arten des Wasserverbrauchs. Übermässige Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser oder eine unkontrollierte Verschmutzung der Gewässer haben enorme Auswirkungen auf Ökosysteme und AnwohnerInnen.
Globaler Konsum - Globale Verantwortung
Unser täglicher Konsum vernetzt uns mit der ganzen Welt. Denn importierte Güter hinterlassen einen Fussabdruck über die gesamte Wertschöpfungskette von der Produktion über die Distribution bis hin zum Verbrauch und der Entsorgung. Daraus erwächst eine globale Verantwortung für soziale, ökologische und wirtschaftliche Umstände unserer Handelspartner.
Weltweit wird ein Drittel aller Nahrungsmittel in Gebieten mit hohem oder extrem hohem Wasserstress erzeugt.